Risiko: Organschäden

Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, welche häufig durch Schübe geprägt ist, sich an verschiedenen Organen manifestiert und dauerhaft zur Schädigung führen kann.¹⁺² Neben einer persistierenden hohen Krankheitsaktivität können dabei auch einige Therapeutika das Risiko für Organschäden erhöhen, wie z. B. eine langfristige Therapie mit Glukokortikoiden.¹⁺³ Was Sie zum Thema Organschäden wissen sollten, lesen Sie hier!

Icon Diagnostik Lupus erythematodes

Heimlich, still und folgenreich 

Die irreversible Schädigung von Organen ist einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Mortalität beim SLE.⁴ Bis zu 50 % der Lupus-Patienten einer internationalen Kohorte entwickelten bereits innerhalb der ersten 5 Jahre nach der Diagnosestellung die ersten Organschäden (siehe Abbildung).⁵ Dabei beeinflussen frühere Organschäden das 10-Jahresüberleben negativ.⁶ Folgenreich ist, dass sich die Schädigung nicht immer klinisch bemerkbar macht und ihr Fortschreiten auch nicht zwangsläufig an eine hohe Krankheitsaktivität gebunden ist. Selbst bei niedriger oder mittlerer Aktivität des SLE können Organschäden akkumulieren, z. B. durch eine langfristige Anwendung von Glukokortikoiden.

Balkendiagramm Damage Score von Patienten mit SDI nach 1 und 5 Jahren

Prozentualer Anteil an Patienten mit dauerhaftem Organschaden.⁵⁺⁷

Welche Organe sind häufig betroffen?

In den meisten Fällen wirkt sich ein SLE multisystemisch aus. Lediglich in wenigen Fällen treten Manifestationen des SLE nur an einem einzelnen oder wenigen Organen auf. Häufig betroffene Organsysteme sollten daher – unabhängig von der Krankheitsaktivität – sorgsam überwacht werden.¹⁺⁷ Hierzu zählen:

  • Haut / Schleimhaut

    Haut


    Schmetterlingserythem, Raynaud-Syndrom und Schleimhaut-Ulzera sind nur einige der möglichen mukokutanen Manifestationen des Lupus. Der Einbezug eines Dermatologen kann bei der Differentialdiagnose hilfreich sein.⁸ 

    Infobox Schleimhaut SLE-Patienten
  • Augen

    Auge

    Bei etwa einem Drittel der SLE-Patienten wirkt sich die Erkrankung auf die Augen aus, was auch als Indiz für eine Krankheitsaktivität angesehen werden kann. Eine frühe Diagnose ist wichtig, um den Verlust des Augenlichts zu verhindern. Das gilt insbesondere für Patienten mit juvenilem SLE. Häufige ophthalmologische Manifestationen sind Sicca-Syndrom und Konjunktivitis, relativ selten hingegen sind periokuläre Läsionen.⁹

  • Herz / kardiovaskuläres System

    Herz

    Jeder vierte Lupus-Patient entwickelt im Krankheitsverlauf eine Perikarditis.⁸  Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs: Das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse ist bei SLE-Patienten 2,7x höher als in der Allgemeinbevölkerung. Betrachtet man nur die Altersgruppe der unter 40-Jährigen, so ist das Risiko sogar um das 5,3-fache erhöht.¹⁰

    Ein SLE steigert die Wahrscheinlichkeit einen Herzinfarkt, eine koronare Herzkrankheit oder einen Schlaganfall zu erleiden.⁸⁺⁹ ⁺¹⁰ Das gilt insbesondere für Frauen.¹¹ Dementsprechend ist auch die Hospitalisierungsrate aufgrund von kardiovaskulären Erkrankungen unter SLE-Patienten erhöht.¹¹ Gleiches gilt für die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität.⁸  Umso wichtiger ist im Rahmen des SLE-Managements regelmäßig einen kardiovaskulären Check-Up durchzuführen – auch für asymptomatische kardiovaskuläre Erkrankungen.¹¹

  • Nieren

    Nieren

    Die häufigste und bei 25 % der Patienten erste Manifestation des SLE an soliden Organen ist die Lupus-Nephritis.¹² Zu den typischen klinischen Manifestationen zählen die thrombotische Mikroangiopathie, das nephritische und das nephrotische Syndrom. Je früher eine Lupus-Nephritis erkannt und konsequent behandelt wird, desto günstiger ist die Prognose. Allerdings treten klinische Symptome oft erst im späteren Verlauf auf. Das kann schwerwiegende Folgen haben, denn eine Lupus-Nephritis geht mit einem Anstieg der Mortalität und des Risikos für das Eintreten einer Niereninsuffizienz einher.¹² Besonders gefährdet an einer Lupus-Nephritis zu erkranken sind u. a. Patienten

    • mit jüngerem Alter,
    • schwarzafrikanischen Wurzeln,
    • des männlichen Geschlechts,
    • mit ausgeprägter Krankheitsaktivität
    • und hohen Anti-DNA- bzw. Anti-SM Autoantikörper-Titern.¹²

    Da es sich bei der Lupus-Nephritis um eine der schwerwiegendsten Organbeteiligungen des SLE handelt, ist eine Früherkennung essentiell. Dabei sollte neben Nierenfunktions- und Urinanalysen bei Verdacht u. a. auch eine frühzeitige Nierenbiopsie vorgenommen werden, die das therapeutische Vorgehen bestimmt.¹²

  • Knochen

    Knochen

    Osteonekrosen oder avaskuläre Knochennekrosen sind eine häufige Komplikation bei SLE und betreffen bis zu 44 % der Patienten, wenn man asymptomatische Läsionen hinzuzählt.¹³ Das Risiko für Knochenbrüche ist bei Frauen mit SLE etwa 5x höher als bei einer gleichaltrigen Vergleichsgruppe ohne Lupus. Einer der Hauptgründe hierfür ist der Einsatz von Kortikosteroiden.¹⁴ Dabei ist die Dosierung und Dauer der Kortikosteroid-Gabe mit dem Frakturrisiko assoziiert.¹⁵ 

  • Nervensystem/Gehirn

    Gehirn

    Sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem können durch einen SLE beeinträchtigt werden. In diesem Zusammenhang wird auch von einem neuropsychiatrischen SLE-Syndrom gesprochen. Zu den Manifestationen des Nervensystems gehören u. a. Anfall, Polyneuropathie, kognitive Dysfunktion, Kopfschmerz, Depression und Psychosen.⁸ 

    Die Beeinträchtigung des Nervensystems durch den Lupus zählt zu den wichtigsten Einflussfaktoren der Morbidität und Mortalität bei SLE-Patienten.⁸  Die Zuordnung neuropsychiatrischer Manifestationen zum SLE erfordert jedoch einen umfassenden multidisziplinären Ansatz, um nachahmende Erkrankungen wie Infektionen, Malignität und andere auszuschließen.¹

 

Übernehmen Sie die Kontrolle: Wie können Organschäden verhindert werden?

  • Minimieren Sie Krankheitsaktivität und Schübe so früh und konsequent wie möglich

    Eine hohe persistierende Krankheitsaktivität, sowie z. B. eine langfristige Therapie mit Glukokortikoiden erhöhen das Risiko für Organschäden, die wiederum prädiktiv für weitere Organschäden sind und das Mortalitätsrisiko der Patienten erhöhen.¹⁺³ Zentrale Behandlungsziele für Lupus-Patienten sind daher die Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und des Langzeitüberlebens mit der Prävention von Organschäden.¹ Um diese Ziele zu erreichen, ist eine frühe SLE-Diagnose essentiell, damit Patienten früh, konsequent und mit möglichst geringen Glukokortikoiddosen behandelt werden können.² Für die SLE-Therapie kann man inzwischen klaren Guidelines folgen.¹ Dabei ist wichtig:

    • keine Zeit zu verlieren,
    • klare individuelle Ziele zu definieren,
    • Entscheidungen gemeinsam mit dem Patienten zu treffen und dabei auch die Lebensqualität zu berücksichtigen,
    • die Zielerreichung regelmäßig zu kontrollieren, wozu auch klinische Scores gehören
    • und die Therapie nach definierten Zeiträumen immer wieder anzupassen, falls die gesteckten Ziele noch nicht erreicht wurden.²

    Das Erreichen einer Remission oder niedrigen Krankheitsaktivität, optimalerweise vor dem Auftreten erster Organschäden, hat entscheidende prognostische Bedeutung.²

    Lupus Organschäden Krankheitsaktivität und wiederkehrende Schübe

    Graphische Darstellung eines hypothetischen Krankheitsverlaufs bei SLE-Patienten

  • Reduzieren Sie Glukokortikoide so weit wie möglich

    Glukokortikoide sind ein wesentlicher Baustein der SLE-Therapie. Allerdings ist ihr chronischer, hochdosierter Einsatz ein wesentlicher Trigger irreversibler Organschäden. Nach den aktuellen Empfehlungen zum Lupus-Management sollten Glukokortikoide in möglichst geringen Dosen in der Langzeittherapie gegeben, nicht höher als 7,5 mg/Tag, wenn möglich ganz ausgeschlichen werden.¹

    Lupus Risiko Organschäden
  • Stetiges SLE-Monitoring

    Auch Patienten mit milder oder inaktiver Erkrankung sollten alle 3 – 4 Monate auf ein unbemerktes Fortschreiten der Erkrankung überprüft werden.¹⁷

  • Quellen

    1. Fanouriakis A, et al. 2019 update of the EULAR recommendations for the management of systemic lupus erythematosus. Ann Rheum Dis. 2019; 78(6):736-45.
    2. Doria A, et al. Optimizing outcome in SLE: treating-to-target and definition of treatment goals. Autoimmun Rev. 2014; 13(7):770-7.
    3. AMBOSS – Fachwissen für Mediziner. Systemischer Lupus erythematodes. Online verfügbar unter https://www.amboss.com/de/wissen/Systemischer_Lupus_erythematodes. Letzter Aufruf: 24.01.2020.
    4. Segura BT, et al. Damage accrual and mortality over long-term follow-up in 300 patients with systemic lupus erythematosus in a multi-ethnic British cohort. Rheumatology (Oxford). 2019: pii: kez292. doi: 10.1093/rheumatology/kez292. [Epub ahead of print].
    5. Urowitz MB, et al. Evolution of disease burden over five years in a multicenter inception systemic lupus erythematosus cohort. Arthritis Care Res (Hoboken). 2012; 64(1):132-7.
    6. Rahman P, et al. Early damage as measured by the SLICC/ACR damage index is a predictor of mortality in systemic lupus erythematosus. Lupus. 2001; 10(2):93-6.
    7. Chambers SA, et al. Damage and mortality in a group of British patients with systemic lupus erythematosus followed up for over 10 years. Rheumatology (Oxford). 2009; 48(6):673-5.
    8. Bertsias G, Cervera R, Boumpas DT. Systemic lupus erythematosus: pathogenesis and clinical features. In: EULAR Textbook on Rheumatic Diseases. 2012:476-505. 
    9. Dammacco R. Systemic lupus erythematosus and ocular involvement: an overview. Clin Exp Med. 2018; 18(2):135-149.
    10. Magder LS, Petri M. Incidence of and risk factors for adverse cardiovascular events among patients with systemic lupus erythematosus. Am J Epidemiol. 2012; 176(8):708-19.
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NP-DE-LPU-WCNT-200007 Mai2024